Als unbequemen Geist bezeichnet er sich selbst: Torsten Zink, der Marketing-Manager von Schömberg, der nun seit 100 Tagen im Amt ist. Der 44-Jährige ist ein Mann mit Ecken und Kanten, der es wagt, auch unbequeme Dinge auszusprechen. Im Gespräch mit PZ-Redakteurin Sabine Mayer-Reichard hat er außerdem seine Ideen für Schömberg skizziert – und daran mangelt es dem selbstbewussten Bayern nicht.
PZ: Sie
sind seit November in Schömberg. Hatten Sie schon Zeit, die
Gegend zu erkunden?
Torsten Zink: Ich bin
schon ein bisschen gewandert, aber der Schwerpunkt lag in den
vergangenen drei Monaten eindeutig auf der Arbeit. Aber das soll
sich ändern – schließlich bin ich ja hierher
gekommen, weil mir die Gegend landschaftlich gut gefällt.
PZ: Was schätzen Sie besonders an
der Umgebung?
Zink: Für jemanden, der
aus München kommt, ist natürlich der Wald und die
Höhenlage besonders toll. Das ist wirklich ein schöner
Flecken – eine Traum-Region, das muss man schon sagen.
Trotzdem herrscht hier eine negative Grundstimmung, ganz im
Gegensatz zu Bayern. Aber wenn man Kunden – oder Gäste
– gewinnen will, muss man als Erstes von sich selbst
überzeugt sein.
PZ: Im Ort wurden
Sie ja schon sehnsüchtig erwartet. Die Messlatte für
Ihre Arbeit lag hoch – zu hoch, um unbelastet an die Dinge
herangehen zu können?
Zink: Ich wurde
schon fast in der Rolle des US-Präsidenten Barack Obama
gesehen, der ja auch als Messias gehandelt wird. Er ist ein
kluger Mann und sagt immer wieder: Es müssen alle
mitanpacken, wenn sich etwas ändern soll. So sehe ich das
auch. Das Problem ist, dass jeder nur seinen Teil des Kuchens
sieht. Und wenn es heißt, man wolle Schömberg
voranbringen, dann bedeutet das für den Einzelhandel etwas
anderes als für die Gastronomie. Also geht es zuerst einmal
darum, konkrete Ziele zu definieren. Ich bilde mich nebenher
gerade zum diskursiven Management-Berater weiter. Da geht es
unter anderem darum, Betroffene zu Beteiligten zu machen –
und das brauchen wir auch in Schömberg.
PZ:
Das Thema, das immer wieder für Schlagzeilen sorgt,
ist das Wellenbad. Sie haben ja die Entscheidung für eine
Sauna- und Wellnessanlage begrüßt. Was halten Sie von
dem aktuellen Bemühen, diesen Beschluss zu kippen?
Zink:
Ich verstehe überhaupt nicht, dass immer von
Wellenbad gesprochen wird – das war einmal. Jetzt ist es
ein hässliches Objekt am Ortseingang, genauer gesagt ein
verrottender Betonklotz. Wir müssen eine Lösung für
dieses Objekt finden, abwarten geht nicht mehr. Das
Bürgerbegehren ist verfrüht, denn jetzt geht es ja
erstmal um die Investorensuche. Wenn einem die Pläne dann
nicht gefallen, wäre es immer noch früh genug, dagegen
vorzugehen. So aber ist die Energie der Bürger vergeudet.
Ich vermute, der Protest ist eine Art Trotzhaltung und viele
stellen sich etwas vor, was nicht geht. Bei den Bürgern
spielen viele Einzelinteressen eine Rolle, die Gemeinde aber ist
dem Allgemeinwohl verpflichtet. In dieser Frage gibt es nunmal
keine 100-prozentige Lösung: Bei jeder Entscheidung muss man
einer Gruppe weht tun. Bei diesem Beschluss geht es natürlich
um die Kernfrage: Sind wir ein touristischer Ort?
PZ:
Gutes Stichwort: Was wäre denn der Tourismus ohne
eine Einrichtung wie das Wellenbad?
Zink:
Zunächst einmal sind wir natürlich ein touristischer
Standort. Statt des alten Bades könnte ich mir auch etwas
anderes vorstellen: Ein Hüttendorf beispielsweise, in dem
die Gäste in alten Berghütten übernachten können,
oder ein Centerpark, da die Bürger ja Wasser wollen. Aber
für diese Ideen hat sich kein Investor gefunden. Ich bin
uneingeschränkt dafür, dass wir die Sauna- und
Wellnessanlage jetzt ausschreiben und erst diskutieren, wenn die
Pläne vorliegen.
PZ: Um Schömbergs
Profil zu schärfen, setzen Sie auf Wald und Natur. Welche
Projekte schweben Ihnen vor?
Zink: Ich setze
auf das, was da ist. Natur kommt gut an, das zeigt der Erfolg von
Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“. Es ist
nur die Frage, wie wir die Leute herbringen, und zwar auch die
junge Zielgruppe ab 20 Jahren. Ältere haben schon erkannt,
wie schön es hier ist, aber wir wollen auch die Jüngeren
und Familien mit Kindern. In einem Workshop in Höchenschwand
habe ich mit meinem Team gerade ein paar Ideen entwickelt. Man
könnte für Gäste zum Beispiel Schnupper-Programme
in Vereinen anbieten, von der Jugendfeuerwehr bis zum
Sportverein. Man könnte auch das intakte Gemeindeleben
vermarkten oder Schömberg als Glücksgemeinde
bezeichnen. Wer kommt, geht glücklicher nach Hause.
Konkreteres gibt es noch nicht, nur eines: Unsere Prospekte
sollen überarbeitet werden.
PZ: Kooperationen
sind im Tourismus derzeit das Zauberwort. Zu Liebenzell sind Sie
ja erstmal auf Abstand gegangen. War das sinnvoll?
Zink:
Ich versuche immer, auf andere Menschen zuzugehen, aber
es muss sich auch ein Wert der Kooperation erschließen. Und
der war hier nicht gegeben. Außerdem wirbt Schömberg
mit seiner Höhenlage und Liebenzell liegt im Tal – ich
weiß nicht, ob eine Zusammenarbeit da Sinn macht.
PZ:
Welche anderen Partner wären denn sinnvoller?
Zink:
Dobel oder Waldrennach zum Beispiel, das sind beides
Höhengemeinden. Aber warum müssen es immer Gemeinden im
engeren Umkreis sein? Eventuell wäre auch die Kooperation
mit anderen heilklimatischen Kurorten sinnvoll, zum Beispiel
Höchenschwand. Ich bin gerne der Erste, der so etwas
ausprobiert.
PZ: Dem traditionsreichen
Kurhaus möchten Sie ein frischeres Image verpassen. Gibt es
schon konkrete Vorstellungen?
Zink: Die
Renovierung steht ja an, aber es soll nicht nur von außen
frischer werden. Die Kurorte und auch die Kurhäuser müssen
ihr Alt-Image abschütteln und deshalb möchte ich auch
den Namen ändern. Schließlich ist das hier kein
klassisches Kurhaus mit einer Trinkhalle. Und wenn es Geld gäbe,
könnte man auch ganz leicht ein junges Publikum anziehen:
Einfach eine unterirdische Disco einbauen. Wir brauchen ein
Konzept, das alle ins Gespräch bringt.
PZ:
Apropos Geld: Wie viele von Ihren Ideen können Sie
überhaupt umsetzen?
Zink: Man kann alle
Projekte auch privatwirtschaftlich angehen. Wenn es so nicht
klappt, dann muss sich die Gemeinde da auch nicht engagieren.
Wichtig ist, dass wir endlich ins Machen kommen.
PZ:
Ergänzen Sie folgenden Satz: Die Schömberger
sind ein Menschenschlag, der...
Zink: Pauschalieren
ist ja immer schlecht (denkt lange nach). Ein Menschenschlag, der
selbst noch nicht weiß, wozu er fähig sein könnte.
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